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Augennotfälle

Augennotfälle bei Hund und Katze

Das Sehvermögen von Hund und Katze ist wie beim Menschen ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lebensqualität. Ein Nichterkennen von Notfällen und die Verschleppung von Augenerkrankungen und deren Behandlung können fatale Folgen haben. Bei plötzlich auftretenden Erkrankungen der Augen sollte der Tierarztbesuch in der Regel zeitnah erfolgen. Eigentherapien sollten nicht versucht werden.

Es gibt Notfälle, bei denen eine Erblindung nur verhindert werden kann, wenn die Augenerkrankung innerhalb der ersten 24 Stunden fachgerecht versorgt wird. Hier kann nur Ihre schnelle Entscheidung und die konsequente Behandlung durch uns Katastrophen verhindern. Der verantwortungsbewusste Hunde- und Katzenhalter sollte dies immer bedenken und uns im Zweifelsfall lieber einmal umsonst konsultieren, als das Augenlicht seines vierbeinigen Freundes zu riskieren.

Sie als Tierbesitzer sollten in die Lage sein, Augennotfälle so gut wie möglich, am Telefon beschreiben zu können. Daher sind Grundkenntnisse über den Augenaufbau für Tierbesitzer wichtig. Wir können so bereits erste konkrete Hilfemaßnahmen am Telefon empfehlen.

Das Auge liegt in einer teilweise knöchernen Höhle (Orbita) des Schädels. Bei Hund und Katze ist das Auge durch 3 Augenlider geschützt: das Oberlid, das Unterlid und das 3. Augenlid. Das dritte Augenlid oder die sogenannte Nickhaut, welche sich im nasenseitigen Lidwinkel befindet, ist eine anatomische Besonderheit der Wirbeltiere. Diese durch eine Knorpeleinlage stabilisierte Bindehaut enthält neben Abwehrgewebe eine Tränendrüse, die sogenannte Nickhautdrüse.

Die Vorderfläche des Auges, die durch die durchsichtige Hornhaut und die umgebende Bindehaut gebildet wird, wird durch den Tränenfilm befeuchtet und ernährt. Die Regenbogenhaut (Iris) trennt die vordere und hintere Augenkammer voneinander. Sie gleitet auf der sich hinter der Regenbogenhaut befindlichen Linse und bestimmt durch kleinste Muskeln die Pupillenweite. Hierdurch wird der Lichteinfall in das Auge geregelt. Die Pupillen eines gesunden Hundeauges sind rund, die der Katze schlitzförmig. Die Farbe der Regenbogenhaut variiert beim Hund von gelb bis dunkelbraun, manchmal sieht man auch blaue, weiße oder graue Farbtöne. Bei der Katze sind die vorherrschenden Farben der Iris grün, gelb, blau und weiß.

Die hinter der Iris liegende Linse dient zusammen mit der Hornhaut dazu, die auftreffenden Lichtstrahlen auf die Netzhaut zu bündeln. Aufgehängt ist die Linse an kleinen Bändern, den Zonulafasern, die im Bereich des Ziliarkörpers fixiert sind. In der Netzhaut werden die ankommenden Lichtstrahlen in Nervenimpulse umgewandelt und zum Sehzentrum des Gehirns geleitet und hier zu einem Bild geformt.

Wie erkenne ich als Tierbesitzer einen Augennotfall?

Offensichtliche äußere Verletzungen, wie Lidverletzungen, äußerlich sichtbare Fremdkörper, Vorfall des Augapfels, Hornhautverletzungen, Verätzungen oder Einblutungen in die Augen sind sicherlich einfach zu erkennen. Schwieriger zu erkennen sind kleine Fremdkörper, die sich unter den Augenlidern befinden oder kleine Partikel, die sich auf der Hornhaut einbrennen sowie Hornhauterosionen und Hornhautgeschwüre.

Schmerzhafte Augen werden meist nur indirekt durch den Tierbesitzer erkannt. Treten Symptome wie plötzliche Lichtscheue, eine unterschiedliche Pupillengröße oder Zukneifen, Blinseln, Tränen auf oder weicht der Hund bzw. die Katze beim Streicheln des Kopfes aus, sollte man aufmerksam werden. Ursache können nicht nur Fremdkörper sondern auch ein akut auftreten der Augeninnendruckanstieg bei einem Glaukom (Grüner Star) sein.

Auch plötzliche Sehstörungen sollten ihre Aufmerksamkeit erwecken. Beeinträchtigungen erkennt man daran, dass die Tiere beim Laufen an Gegenstände anstoßen, zugeworfene Bälle oder Leckerli verfehlen oder auch Unsicherheit in fremder Umgebung und in Dunkelheit zeigen.

Verletzungen des Auges

Perforierende Verletzung: Jeder Fremdkörper, der ins Auge eindringt, stellt eine Indikation zur sofortigen Vorstellung des Hundes oder der Katze beim Tierarzt dar. Steckende Fremdkörper müssen unbedingt so belassen werden. Beim Herausziehen würde sonst das Auge eröffnet werden und die Flüssigkeit würde aus dem Auge herauslaufen. Hindern Sie Ihr Tier am Reiben oder Kratzen. Falls Sie einen Halskragen besitzen, sollten sie ihn dem Tier unbedingt aufsetzen. Auch kleine Fremdkörper, wie Rindenteile können sich auf der Hornhaut auflagern. Sie sollten ebenfalls schnell sachgerecht entfernt werden, da sie sich bei jedem Lidschlag immer mehr in die Hornhaut einarbeiten und so umso schwieriger zu entfernen sind. Häufige Fremdkörper im Auge sind auch die sogenannten „Grannen“.

Lidverletzungen: Sie sehen immer furchtbar dramatisch aus und es fließt oft viel Blut. Hier können Sie aber mit einem feuchten Tuch vorsichtig kühlen und geringen Druck ausüben, um die Blutung zu stillen. Dennoch sollten sie sofort einen Tierarzt aufsuchen. Die Wunden müssen schnell versorgt werden. Nur so erzielt man eine gute Wundheilung ohne störende Narben. Das Auge selbst kann auch betroffen sein und sollte gründlich untersucht werden.
Kratzverletzungen: Hier ist besondere Vorsicht geboten. Sie werden häufig durch Katzen verursacht und sind oft heimtückisch. Eine an sich harmlose Hornhautverletzung kann erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn bei der Verletzung die Linse getroffen wurde. Hier kann sich eine massive Entzündung des Auges erst nach mehreren Tagen und sich eine traumatische Katarakt (ein grauer Star = Trübung der Linse) entwickeln.

Vorfall des Augapfels

Beim Vorfall des Augapfels aus der knöchernen Augenhöhle verkeilen sich die Lider hinter dem Augapfel. Das Auge tritt aus der Lidspalte heraus. Dieser Notfall entsteht häufiger nach Bissverletzungen durch andere Hunde oder nach massiven Traumen durch einen Autounfall oder Pferdetritt. Bei kurznasigen Hunderassen kann bereits ein heftiges Ziehen am Nackenfell auslösender Faktor für einen Augapfelvorfall sein.
Wenn möglich sollte sofort versucht werden, die Lider wieder über das Auge zu ziehen und den Augapfel mit leichtem Druck mit einem feuchten Tuch wieder zurück zu drücken. Wenn dies nicht gelingt, muss das Auge geschützt (Halskragen, Tier am Kratzen hindern), feucht gehalten und gekühlt werden. Die Vorstellung beim Tierart muss sehr schnell erfolgen, denn je länger das Auge vorgefallen ist, umso schlechter stehen die Chancen für eine Rückverlagerung und die Erhaltung der Sehfähigkeit (Sehnervenschädigung).

Verätzungen

Der absolut dringendste Notfall überhaupt ist die Verätzung. Bei diesem Notfall zählen Sekunden, um das Auge vor weiteren Schäden zu bewahren. Besonders unangenehm sind Laugenverletzungen, da basische Stoffe eine Kolliquationsnekrose auslösen, Eiweiße auflösen und so immer tiefer in das Gewebe vordringen. Es ist der einzige Notfall wo der Tierbesitzer nicht zuerst zum Tierarzt fahren darf sondern sofort und mindestens 15 Minuten lang ausführlich das Auge mit Wasserspülen soll.

Rötung und Trübung des Auges

Eine Rötung des Auges kann schon bei einer harmlosen Bindehautentzündung auftreten. Leider können hinter einer Rötung der Bindehaut und Trübung der Hornhaut aber auch ernste krankhafte Prozesse des inneren Auges oder eine Erhöhung des Augeninnendruckes stecken. Oft ist eine Unterscheidung der Erkrankungen nur mit Hilfe von bestimmten Untersuchungstechniken möglich.

Glaukom

Der Anstieg des inneren Augendruckes = Glaukom = Grüner Star stellt immer einen Notfall dar. Erkennen kann man ein Glaukom an einer Trübung der Hornhaut, einer lichtstarren Pupille und der Rötung des Auges rund um die Hornhaut. Ein Glaukom kann durch eine mangelhafte Ausbildung der Abflusswege des Kammerwassers (Ligamentum pectinatum), durch starke Entzündungen mit Verlegung der Abflusswege durch Entzündungsprodukte aber auch durch die Folge des Losreißens der Linse von ihrem Aufhängeapparat (Linsenluxation) entstehen. In jedem Fall ist ein schnelles Handeln und eine gründliche Untersuchung notwendig. Besteht ein sehr hoher Druck schon mehr als 24 Stunden kann die Netzhaut dadurch schon unwideruflich geschädigt worden sein.

Blutungen im Auge

Bei Blutungen im Auge muss die Ursache nicht immer ein Trauma sein. Sie ist auch nicht immer im Auge selbst zu suchen. Die Ursachen einer Blutung im Auge können z.B. Blutgerinnungsstörungen, lokale Tumore oder Tumorerkrankungen, die den gesamten Körper betreffen, immunbedingte Erkrankungen, Blutparasiten, Zeckenerkrankungen und auch Bluthochdruck sein. Blutungen bei der älteren Katze sind meist die Folge von Nierenerkrankungen mit Bluthochdruck. Der Tierarzt wird neben der ophthalmologischen Untersuchung eine Blutuntersuchungen, eine Blutdruckmessung und weitere internistische Abklärungen einleiten.

Plötzliche Sehstörung, Erblindung

Der akute, d.h. plötzliche Sehverlust ist immer ein dringender Notfall und bedarf baldmöglichst einer tierärztlichen Behandlung. Die plötzliche Erblindung Ihres Tieres kann verschiedene Ursachen haben. Neben der Augenuntersuchung ist auch hier eine klinische Allgemeinuntersuchung und eine Blutuntersuchung erforderlich. Einige Erkrankungen erfordern auch die Anfertigung eines ERG (Elektroretinografie).
Die Chance, das Sehvermögen zu retten, ist umso größer, je eher das Tier vorgestellt wird und eine sofortige gezielte Therapie eingeleitet wird.